Gegensätze ziehen sich an, besagt eine Redensart. Aber warum ist dem so? Der Kentaur Chiron – halb Mensch, halb Pferd – trägt diesen unversöhnlichen Gegensatz in sich. So verwundert es nicht, dass er gerade bei verletzenden Partnerschaften immer wieder an prominenter Stelle im Horoskop zu finden ist. Aber Chiron ist auch der Heiler und die Autorin zeigt, wie er immer wieder bei heilenden Beziehungen in den Vordergrund tritt.
Lianella Livaldi Laun, 1956 in der Toskana geboren, beschäftigt sich seit 1978 mit Astrologie. Sie ist seit 1987 geprüfte Astrologin DAV mit eigener Beratungspraxis. Korrespondentin und Mitarbeiterin des italienischen Astrologenverbandes CIDA. Dozentin am Astrologie Ausbildungszentrum in Bologna. Regelmäßige Artikel in deutschen und internationalen Fachzeitschriften. Trägerin des von der CIDA verliehenen Preises für besondere Verdienste um die Astrologie. (1993.)
Verletzende und heilende Beziehungen
Während meiner Arbeit zu Chiron in der Partnerschaftsastrologie wurde mir bewusst, dass dieser auf besondere Weise mit der Seele verbunden ist. Die Entscheidungen, die uns das Leben auferlegt, treffen wir meist mit dem Kopf. Wir zwingen uns oft zu einer Lösung und entsprechend ist diese von einem äußeren oder inneren Druck oder den Ratschlägen geprägt, die wir erhalten haben. In den Vorgängen, an denen Chiron beteiligt ist, sind die solcherart herbeigeführten Entscheidungen keinerlei Hilfe für unser inneres Wachstum, sondern sie entfernen uns nur vom Wesentlichen.
Wir haben gesehen, dass bei einem Aspekt Chirons zu den Faktoren, die für unsere Beziehungen bestimmend sind, häufig unversöhnliche Gegensätze in unserem Charakter oder in den Beziehungen auftreten. Oft befinden wir uns in Situationen, die uns unsicher machen und in denen wir zu keiner Entscheidung kommen können. Denn durch einen Entschluss müssten wir einen Teil unseres Selbst unterdrücken. Während eines Chiron-Transits sind wir oft von Zweifeln geplagt, weil wir nicht wissen, wie wir eine widersprüchliche Situation auflösen können. In einem chironischen Zustand habe ich begriffen, dass wir uns nicht zu Beschlüssen zwingen sollen, die in uns selbst noch nicht wirklich reif erscheinen. Wir müssen vielmehr für eine gewisse Zeit mit der Gegensätzlichkeit leben. Damals lebte ich noch in Italien und litt unter einer sehr schwierigen Liebesbeziehung, von der ich mich nicht lösen konnte, obwohl ich es oft versucht hatte. Das Leben brachte mir jedoch große Veränderungen. Ich begegnete meinem jetzigen Mann, kam zu ihm nach Deutschland und fand meinen Weg. Ohne diese Begegnung wäre mein Leben nicht so erfüllt, wie ich es jetzt erlebe.
Meist suggeriert uns der Verstand eine Lösung. Man sollte sich aber nicht quälen und um jeden Preis ein endgültiges Ergebnis von sich abverlangen – sobald man damit aufhört, stellt sich wieder ein gewisses inneres Gleichgewicht ein. In gefühlsgeladenen Situationen kämpfen unsere eigenen inneren Gegensätze oft miteinander und es ist dann am klügsten nichts voreilig zu entscheiden. Der weise Chiron zeigt uns unsere Verantwortung uns selbst gegenüber, denn er lässt uns begreifen, dass uns gute Vorsätze, Vorurteile und Schuldgefühle nicht helfen, vollkommene Menschen zu werden, und dass im Leben nicht alles unbedingt entschieden werden kann. Er lässt uns über die gängige Moral hinaussehen und macht uns auch demütiger.
Wenn wir warten können und uns nicht um jeden Preis verändern wollen, so wird sich im für uns richtigen Moment die Seele zu Wort melden und uns einen Weg zeigen. Der bekannte Psychoanalytiker Raffaele Morelli schreibt in einem Antwortbrief an eine Frau, die sich in einer sehr heiklen Gefühlssituation im Zwiespalt zwischen zwei Männern befand: «Nicht du sollst entscheiden, deine Seele kann das besser. Vor allem wenn du sie nicht mit Zweifeln, Selbstdefinitionen und falschen Illusionen zuschüttest. Das Geheimnis liegt darin, sich zu sagen . Deine Seele wird eine Entscheidung treffen wenn es so nötig ist. Die Seele bringt uns dazu, uns zu verlieben, um unseren Blick zu weiten, nicht um die frommen Moralapostel zu spielen oder damit wir uns anders fühlen können als die anderen.»
In dem vorliegenden Buch haben wir erfahren, dass alle Horoskopeigner, deren Gefühlsbereich mit Chiron in Verbindung steht, oftmals anderen Menschen Verletzungen zufügen. Die chironische Erfahrung bringt uns unweigerlich dazu, andere zu verletzen, um uns selbst zu heilen. Der Einfluss dieses Faktors im Horoskop bringt uns in den Beziehungen in widersprüchliche Situationen, in denen wir quälende Schuldgefühle haben, aber wir müssen die Menschen, die uns am nächsten stehen, enttäuschen, um selber zu genesen.
Ich denke dabei an die Geschichte einer Frau, die sich gemeinsam mit ihrem Mann vielen Untersuchungen unterzogen hatte, um schwanger werden zu können. Beide Partner waren gesund, aber es kam kein Nachwuchs. Alle Gedanken konzentrierten sich nur mehr auf dieses eine Ereignis, das nicht eintreffen wollte und die verzweifelten Bemühungen wurden langsam zum Albtraum. Während eines Urlaubs hatte die Frau dann ein Liebesabenteuer. Nach ihrer Rückkehr setzte sie die Beziehung heimlich fort – und wurde schwanger. Das Kind entstand also in dem Moment, als sie sich einfach ohne Hintergedanken dem Verlangen hingab. Sie begriff, dass ihre Ehe seit langem nicht mehr zu retten war und der Kinderwunsch nur ein krampfhafter Versuch war, die Beziehung durch eine Illusion aufrechtzuerhalten. Solche Illusionen brechen oft durch innere Vorgänge zusammen, die unter dem Einfluss Chirons stehen.
Chiron, so haben wir gesehen, konfrontiert uns gerne mit den Gegensätzen in uns und in unseren Beziehungen. Folglich ist er gerade bei verletzenden Partnerschaften oftmals an prominenter Stelle im Horoskop zu finden. Aber Chiron ist auch der Heiler und so spielt er immer wieder bei heilenden Beziehungen eine wichtige Rolle.
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