Welche Logik steht hinter den klassischen Würden? Warum sind die Domizile so angeordnet? Woher kommt die ungleiche Verteilung der Grenzen? Und wie sind die Alten darauf gekommen, dass die Planeten auf genau diesen Graden ihre Erhöhung erfahren? Sowohl im Abendland wie in der indischen Tradition wurde die Anordnung der Würden hingenommen, ohne eine Antwort auf diese Fragen zu geben, und die alten Texte schweigen sich hierüber aus. Es ist dem Autor gelungen, den Schlüssel zu finden, der die Verteilung der Würden erklärt.
Aus dem Inhalt:
- Die galaktische Matrix
- Stärken der Planeten
- Hairesis
- Die Jahre der Planeten
- Die Domizile der Planeten
- Triplizitäten, Elemente und Konstitutionstypen
- Die Triplizitätenherrscher
- Die Grenzen der Planeten
- Erhöhung und Fall der Planeten
- Die Dekane und ihre Gesichter
- Peregrinität: Wanderer in der Fremde
- Das Konzept der Vargas in der vedischen Astrologie
Die Grenzen der Planeten
Die Grenze ist nach Domizil und Erhöhung die bedeutendste Würde der hermetischen Astrologie, und ist höher zu werten als die Triplizität. Unter arabischen Astrologen gab es Uneinigkeit, ob die Triplizitäten oder die Grenzen stärker gewichtet werden sollten.
Das Wort Grenze übersetzt das griechische „horion“. Es hat die Bedeutung einer Grenzlinie oder Begrenzung, und wird von Aristoteles auch im Sinne einer Definition benutzt. Dieses Wort impliziert die Idee von Festlegung oder Konkretion. Wir werden sehen, dass die Grenzen der Planeten sowohl bezüglich der Anlage wie auch bezüglich der Lebenszeiten eine definierende, konkretisierende Funktion haben.
Es handelt sich bei den Grenzen um eine unregelmäßige Unterteilung der Tierkreiszeichen in fünf Bereiche, die jeweils einem der fünf sichtbaren Planeten zugeordnet werden. Sonne und Mond erhalten keine Grenzen. Die Grenzen der Planeten gehörten schon in vorhellenistischer Zeit zum System planetarischer Würden. Mesopotamische Tontafeln belegen ihre Existenz schon im vierten vorchristlichen Jahrhundert.
Es sind verschiedene Varianten von Grenzen bekannt, darunter auch eine, die Ptolomäus den Chaldäern zuschreibt. In der hermetischen Astrologie haben sich von Anfang an die sogenannten ägyptischen Grenzen etabliert. Diese sind es auch – mit kleinen Abweichungen – die wir in den erwähnten Tontafeln dokumentiert finden. Sie blieben auch fester Bestandteil der Tajika-Astrologie, und sind in Indien unter dem arabischen Namen „Huddas“ bekannt. Die vedische Astrologie kennt allerdings auch die sogenannten Trimshamshas, die ebenfalls eine Sorte von Grenzen darstellen. Am Ende des Kapitels werde ich kurz auf diese Trimshamshas eingehen.
Eine von Ptolemäus erwähnte und von ihm offenbar bevorzugte Variante der Grenzen blieb über viele Jahrhunderte unbeachtet. Erst mit der Rezeption der arabischen Astrologie in Europa wurden die Lehren aus dem Tetrabiblos des Ptolemäus als höchste Autorität angesehen. So hat Gido Bonatti den Grenzen des Ptolemäus den Vorzug gegeben, und viele spätere Europäer folgten seinem Beispiel. Ptolemäus war einer der sehr wenigen hellenistischen Autoren, deren astrologisches Werk zu jener Zeit im Abendland direkt bekannt war. Der Tetrabiblos wurde somit als das Dokument schlechthin der ursprünglichen Lehre aufgefasst. Hinzu kam, dass der alexandrinische Gelehrte als römischer Bürger den Europäern näher stand als die Araber. Dies und die Tatsache, dass er der unumstrittene Meister auf dem Gebiet der Astronomie war, führten dazu, dass viele Astrologen des Spätmittelalters und der Renaissance im Zweifelsfall Ptolemäus Recht gaben. Diesem Umstand ist auch dafür mitverantwortlich, dass sich in Europa der tropische Zodiak etablierte.
In diesem Kapitel werde ich mich auf die ägyptischen Grenzen konzentrieren, und die ptolomäischen Grenzen nicht weiter thematisieren. Sie sind wahrscheinlich ein Versuch des Autors gewesen, das System vermeintlich rationaler zu gestalten. Wie wir noch sehen werden, verbirgt sich in den ägyptischen Grenzen ein komplexes numerologisches Gleichgewicht verschiedener astrologischer Prinzipien. In der ptolomäischen Variante sind nur manche davon berücksichtigt. Gleichwohl geben seine Ausführungen wichtige Anhaltspunkte, um die Verteilung der ägyptischen Grenzen zu verstehen.
Die ägyptischen Grenzen
Die Tabelle 18 zeigt die Verteilung der Grenzen im Tierkreis. Die Zahlen geben an, wie viele Grade die Grenze des betreffenden Planeten umfassen. Die Summe der Gradzahlen in jeder Zeile ergibt immer 30°. Zum Beispiel sind die ersten sieben Grade von Krebs die Grenze des Mars, die nächsten 6° (also bis 13°00') die Grenze der Venus, die nächsten 6° (bis 19°) die Grenze des Merkurs usw.
Es handelt sich um eine Verteilung, die auf dem ersten Blick keinerlei Logik zu folgen scheint. Das gilt sowohl für die Reihenfolge der herrschenden Planeten innerhalb eines Zeichens, wie auch für die Größe der jeweiligen Grenzen eines Planeten, die zwischen mindestens 2° und höchstens 12° beträchtlich variiert. Die einzige auf den ersten Blick erkennbare Regel scheint zu sein, dass in jedem Zeichen alle fünf Planeten vertreten sein müssen.
Eine genauere Analyse dieser Verteilung verrät eine Reihe von Gesetzmäßigkeiten. Im folgenden Abschnitt möchte ich zunächst die Logik hinter der Sequenz der Grenzen innerhalb eines Zeichens vorstellen. Anschließend werde ich versuchen, die unterschiedlichen Größen der Grenzen zu erklären. Diese Gesetzmäßigkeiten werden bei der tradierten Verteilung der ägyptischen Grenzen nicht immer perfekt eingehalten.
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