Märchen sind wie die Tierkreiszeichen Symbole für Weisheit und Führung, die uns lehren, mehr im Einklang mit uns selbst zu leben. Wenn wir Tierkreiszeichen und Geschichten kombinieren, sprechen sie sowohl den Erwachsenen als auch das Kind in uns an – und wir müssen uns mit beiden verbünden, wann immer eine größere Veränderung ansteht oder wir uns seelisch neu einstellen wollen. Gute Astrologie und gute Geschichten halten ein Geschenk für uns bereit: Sie helfen uns dabei, gute Geschichten für uns selbst zu schreiben.
Dana Gerhardt (1953) studierte Literatur und ist hauptberuflich in einem Unternenehmen für Marktforschung tätig. In den USA ist sie eine beliebte Autorin und Kolumnistin. Sie schreibt regelmäßig in der Zeitschrift The Mountain Astrologer sowie für zahlreiche anderen Zeitschriften und Astrologie-Webseiten. Unter dem Titel Moonprints erstellt sie eigene Computerhoroskope.
Die Schöne und die Schwachstelle im Biest
Der Skorpion kommt bekanntlich von allen Tierkreiszeichen meist am schlechtesten weg. Von ihm erwarten wir immer etwas Übles, geradezu Perverses, doch das ist im Grunde unfair. Und dennoch kann ich der Versuchung nicht widerstehen, die folgende Geschichte zu erzählen. Sie passierte einer Freundin, die sich gerade in einer Pluto-Periode ihres Lebens befand, als der Herrscher des Skorpions über ihren Mond im fünften Haus transitierte. Wenn transitierende Planeten auf Radixplaneten treffen, kann es passieren, dass wir uns einem echten Menschen aus Fleisch und Blut gegenüber finden, der die Energie des transitierenden Planeten ausdrückt, als wäre ein astrologisches Symbol lebendig geworden. Auf der Bühne des fünften Hauses spielen sich schon mal romantische Affären ab, und so geschah es auch eines Tages, als der Transit exakt war. Ulla lernte einen Mann kennen, der sich ernsthaft für sie interessierte und ihr den Hof machte. Er arbeitete als Leichenbeschauer, wie er sagte, und verbrachte seine Tage damit, an Toten herumzuschnippeln. Seine nächtliche Leidenschaft galt der schwarzen Magie. Er behauptete, er könne eine kleine Voodoo-Puppe basteln, dann würde Ulla ihm nicht länger widerstehen können. Sein Blick, so erinnert sie sich, war durchdringend und intensiv, als wollte er sie mit seinen Blicken durchbohren. Richtig geraten ... er war Skorpion.
Am meisten mag ich Skorpion für all das, was dieses Zeichen nicht ist: nämlich oberflächlich. Von allen zwölf Zeichen finden wir im Skorpion die größte Leidenschaft und Tiefe. Als Wasserzeichen, wie Fische und Krebs, ist die energetische Grundlage des Skorpion das Gefühl. Emotionen und Wasser können viele Formen annehmen. Wenn die sentimentalen Fische im Nebel zerfließen und wir uns Krebs als einen beständig plätschernden Bach vorstellen können, dann entspricht Skorpion dem Grundwasser, mächtig und lebensnotwendig, wenn auch unsichtbar. Seine Wege sind nicht leicht ergründlich. In der Logik des Tierkreises folgt Skorpion der graziösen und harmonischen Waage auf dem Fuße, dieser charmanten Meisterin der wirklichen Schönheit und des schönen Scheins. Nach ihr kommt Skorpion, mit seiner Faszination für das unter der Oberfläche Liegende, und wendet sich der Schattenwelt zu. Dieses Zeichen dreht jeden Stein um und schaut sich die Würmer darunter an. Ein Skorpion berührt genau das, worüber man nicht gerne spricht, er handelt mit Sachen, die andere Menschen gern verleugnen oder verstecken. Genau aus diesem Grund sind Skorpione so gute Therapeuten, Chirurgen und Steuerberater, ganz zu schweigen von Detektiven, Forschern, Rechtsberatern und Krimiautoren. Und natürlich nicht zu vergessen – Serienkiller und Teufelsanbeter ...
Natürlich ist ein Zeichen nicht bloß eine Aneinanderreihung von Berufsmöglichkeiten oder gar von Persönlichkeitstypen – obwohl man diesen Fehler leicht machen kann. Menschen, die unter einem bestimmten Tierkreiszeichen geboren werden, neigen dazu, die dem Zeichen entsprechenden Qualitäten besonders herauszustellen. Das sind dann die Eigenschaften, an denen man arbeitet. Aber der Raum für Innovation ist groß! So sehr wir auch am Horoskop als Metapher hängen mögen, es ist kein genetischer Code. Es würde zu einem tieferen Verständnis der Zeichen führen, würden wir sie als zwölf energetische Möglichkeiten betrachten, von denen uns jede in einem gewissen Maße zur Verfügung steht. Je mehr wir nach Vollständigkeit streben, umso mehr können wir uns in jedem Zeichen wiederfinden. Jedes ist eine Daseinsart, eine Wahrnehmungsform, ein weiterer Blickwinkel auf die Wahrheit. Wie die kreisenden Planeten bewegen die Geschickteren unter uns sich ohne viel Reibung durch den Tierkreis, und passen sich den Anforderungen der jeweiligen Zeit an. Gleichgültig, ob wir also Planeten in Skorpion haben oder nicht, der Prozess selbst hält eine Lehre für uns bereit. Das gilt besonders für das Haus, in das Skorpion in unserem Horoskop fällt, für das 8. Haus sowie für alle Zeiten, zu denen Pluto uns im Transit an den Füßen in die Unterwelt zieht.
So sehr wir auch manchmal von der skorpionischen Intensität genervt sein mögen, so gut hilft sie dennoch gegen alles Fadenscheinige und Flüchtige. Wenn wir die ganze skorpionische Energie in uns bündeln, dann ist es uns zum Beispiel möglich, ein Vorhaben wiederzubeleben, das mangels Zielstrebigkeit oder mangels Mut schon dabei war, den Bach hinunterzugehen. Wenn man bedenkt, was einem im Laufe der Jahre schon alles so durch die Finger geglitten ist, dann bekommt die Hartnäckigkeit des Skorpions einen recht großen Wert. Und dennoch ist es wichtig, dass wir wissen, womit wir es im Skorpion zu tun haben, damit es uns nicht wie dem Zauberlehrling ergeht, der letztlich zum Opfer der Kräfte wird, die er zu beherrschen wünscht. Die Macht des Skorpions kann in Extreme verfallen. Dann wird aus Hartnäckigkeit Besessenheit und aus Stärke Unbarmherzigkeit, wie schon der Mythos es zeigt. Als Gaia erfuhr, dass Orion vorhatte, ihre geliebten wilden Tiere zu töten, wählte sie aus der Vielzahl von Kreaturen, über die sie gebot, den Skorpion aus, um Orion daran zu hindern. Beide landeten im Meer, und jetzt war Artemis diejenige, die fürchtete, Orion könne Schaden anrichten. Ob es ihr Pfeil war, der Orion tötete, oder der Stich des Skorpions, geht nicht eindeutig aus der Mythologie hervor. Zu guter Letzt jedenfalls war die Göttin voller Reue und versetzte Orion unter Tränen an den Sternenhimmel. Aber auch der Skorpion bekam seinen Platz, immer noch mit der Verfolgung Orions beschäftigt. Wenn Orion aufgeht, geht das Sternbild Skorpion unter und umgekehrt, eine ewige Verfolgungsjagd.
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