Uranus ist immer für eine Überraschung gut! Vor allem lässt sich seine astrologische Bedeutung nicht einfach festlegen. Gerne wird er mit dem Begriff ?Individualität? gleichgesetzt, doch damit werden die uranischen Kräfte nicht angemessen beschrieben. In dem vorliegenden Buch zeigt Liz Greene die Querverbindungen zu mythologischen Bildern und zu historischen Ereignissen auf. Dabei stützt sie sich vor allem auf den Mythos des Prometheus, der den Göttern das Feuer der Kreativität stiehlt und den Menschen damit die Möglichkeit zur Bewusstseinserweiterung gibt. Die Strafe des Prometheus steht für den Preis, den wir für nicht gelebtes uranisches Wissen bezahlen. Uranus? Bedeutung im Geburtshoroskop wird ausführlich besprochen, ebenso wie sich seine Wirkung im Leben widerspiegelt. Dabei stehen vor allem die Stellung in den Häusern, die Aspekte zu den persönlichen Planeten sowie sein Bezug zum Körperbewusstsein im Mittelpunkt.
Im zweiten Teil werden die Transite von Uranus und Saturn untersucht. Vor allem die kritischen Punkte, an denen sich beide Zyklen überschneiden, sind von Bedeutung und begegnen uns in bestimmten Lebensabschnitten. Die körperlichen, emotionalen und geistigen Begleiterscheinungen für die Persönlichkeit werden ausführlich dargestellt. Indem Liz Greene einen mythologischen und psychologischen Zugang wählt, eröffnet sie dem Leser die Möglichkeit, über eine oberflächliche Deutung anhand von Schlüsselbegriffen hinauszugelangen. Ein umfassendes und in die Tiefe gehendes Buch über den Planeten Uranus im Horoskop, das seinesgleichen sucht.
Uranus und individueller Selbstausdruck
Jeder äußere Planet stellt für unsere Interpretation eine große Herausforderung dar, denn unsere Forschungen werden hier nicht von alter astrologischer Tradition unterstützt. Zunächst möchte ich schildern, was Uranus meiner Meinung nach nicht bedeutet. Bei der Interpretation astrologischer Symbole, müssen wir unsere Worte äußerst sorgfältig wählen. Eine nachlässige oder verschwommene Ausdrucksweise kann zu Missverständnissen führen. Ich habe oft gehört, dass Astrologen Uranus als den "Planeten der Individualität" beschrieben haben. Individualität bezieht sich auf ein Individuum, das heißt auf Sie oder mich als eine gesonderte, genau zu unterscheidende Persönlichkeit ? einzigartig, keinem anderen gleich und einem inneren Entwicklungsplan folgend, der sich von dem aller anderen unterscheidet.
Uranus ist einer der langsamen Planeten. Weil die äußeren Planeten Vorgänge innerhalb der kollektiven Psyche, an der wir alle teilhaben, widerspiegeln, befasst sich Uranus nicht mit der individuellen Entwicklung. Persönlichen Wertvorstellungen und emotionalen Bedürfnissen gegenüber kann er sich sogar als feindselig erweisen. Wir sollten die kollektive Natur von Uranus schon an der simplen Tatsache erkennen, dass dieser Planet als Mit-Regent jenes Zeichens gilt, das in Opposition zu dem von der Sonne regierten Zeichen steht: gemeinsam mit Saturn herrscht Uranus über den Wassermann, der dem Löwen gegenüberliegt. Das allein sagt uns schon, dass Uranus den Gegensatz des individuellen (solaren) Ausdrucks symbolisiert, denn das Individuum wird von der Gruppe übertönt.
Mag sein, dass ein Mensch, den wir als sehr uranisch beschreiben könnten, keineswegs ein Individualist im solaren Sinn ist. Oft ist man sich der eigenen Wertvorstellungen und der persönlichen Identität kaum bewusst. Uranus neigt dazu, die Welt durch ein Weitwinkelobjektiv zu betrachten. Dabei können die Dinge des täglichen Lebens leicht unbeachtet bleiben oder als unwichtig erachtet werden. Ein uranisch betonter Mensch wird wahrscheinlich gegen bestehende Strukturen oder Verhaltensweisen rebellieren oder eine ihm überholt erscheinende Weltanschauung ablehnen. Er hat vielleicht Tuchfühlung mit progressiven Ideen und Inspirationen, die ihrer Zeit weit voraus sind. So kann der uranische Mensch äußerst unkonventionell sein; doch dies bedeutet nicht individuell.
Sehr oft entsteht das Leiden, das von Uranus widergespiegelt wird, aus der Unfähigkeit des Menschen zu individuellem Selbstausdruck. Möglicherweise wird er von einer kollektiven Weltanschauung oder Offenbarung beherrscht oder getrieben. Ob es nun eine revolutionäre oder eine transformierende Lebensanschauung ist, jedenfalls ist sie allgemein. Deshalb erreichen uranische Gedanken das menschliche Bewusstsein gewöhnlich fertig formuliert, ohne sich aus persönlicher Erfahrung herauskristallisiert zu haben oder an ihr erprobt worden zu sein. Ist jemand in dieser Empfänglichkeit für das Kollektive gefangen, ohne jedes individuelle Selbstgefühl zur Überwachung, Prüfung und Gestaltung der Offenbarung, dann kann er den Kontakt zu seiner nährenden und schöpferischen inneren Ebene verlieren und viele wichtige Aspekte seines persönlichen Lebens unbeabsichtigt unterdrücken.
Man muss sagen können: "Warte einen Moment. Das ist eine wunderbare und inspirierende Zukunftsvision, aber lässt sie sich in der Welt, in der ich gegenwärtig lebe, auch anwenden? Ist sie vom Standpunkt meiner Lebenserfahrung und menschlichen Natur aus betrachtet überhaupt lebensfähig? Glaube ich daran mit Leib und Seele ? und auch mit meinem Verstand? Hat diese Idee wirklich Hand und Fuß? Wie ist der zeitliche Ablauf? Kann ich irgendeinen persönlichen Beitrag zum guten Gelingen leisten?"
Ohne eine solche Betrachtungsweise kann Uranus persönliche Wertvorstellungen und die eigene Glaubwürdigkeit auslöschen und nur Polemik übriglassen. In der negativsten Form ist dies die Polemik von Terroristen oder einer Massenbewegung, die auf die Zerstörung von Einrichtungen oder Strukturen abzielt, deren radikale Veränderung sie für notwendig erachtet. Die Notwendigkeit einer Veränderung zu erkennen mag richtig und angemessen sein ? doch liegt sie manchmal, wie Schönheit, im Auge des Betrachters.
Uranus erkennt Wert und Wesen der Zeit nicht, ebensowenig die Bedeutung einer langsamen Entwicklung oder eines Kompromisses, noch anerkennt er die Realität individueller menschlicher Empfindung. Seine Zukunftsvision muss sofort umgesetzt werden, und alles, was sich dem in den Weg stellt muss zerstört oder bestenfalls umgestaltet werden. Dies kann für den einzelnen wie für die Gemeinschaft enormes Leid bringen. Die Grundphilosophie von Uranus ist: Du kannst kein Omelette machen, ohne Eier zu zerbrechen. Das Problem ist, dass es sich bei den "Eiern" um die emotionalen und instinktiven Bedürfnisse der einzelnen Menschen handelt. Revolutionen geraten immer irgendwie außer Kontrolle.
Wenn dies manche, die sich zur uranischen Befreiungsfront rechnen, verärgert, dann ist das absolut in Ordnung. Sie haben das Recht, verstimmt zu sein und dürfen Ihre Gefühle während des Seminars auch zum Ausdruck bringen. Ich bin jedoch nicht der Ansicht, dass Uranus "unheilvoll" ist. Ich glaube wir verleihen ihm in der Astrologie einen besonderen Zauber, weil wir annehmen, dass Veränderung immer gut ist. Oft stimmt das sogar; aber eine Veränderung um der Veränderung willen hat nichts Schöpferisches. Entscheidend ist auch, auf welche Weise die Veränderung erreicht wird, und Uranus zeigt bei notwendigen Veränderungen nicht gerade viel Taktgefühl und Respekt für das Individuum. Die Uranier haben oft das Wort "Rechte" auf den Lippen, doch die tieferen, inneren Rechte des Einzelnen haben angesichts der abstrakten Ideale des Uranus nur geringe Bedeutung. Ich hoffe, Ihr werdet im weiteren Verlauf des Seminars erkennen, warum ich den Planeten Uranus auf diese Weise sehe.
Eine der am stärksten von Uranus geprägten Personen, denen ich je begegnet bin, kam vor einigen Jahren wegen eines Horoskops zu mir. Sie hatte die Sonne im Wassermann im Trigon zu Uranus in den Zwillingen. Sie beschrieb ihre Lebenssituation, ihr Familienleben, und so weiter. Jedes Mal, wenn sie ein Ereignis, eine Empfindung oder Meinung erwähnte, sagte sie "wir". "Wir" wollten aufs Land ziehen; "wir" haben uns sehr für Astrologie interessiert; "wir" hatten während der letzten ein oder zwei Jahre eine harte Zeit; "wir" sind mit der Politik der Regierung zur Gesundheitsfürsorge nicht einverstanden. Auf meine Frage, wen sie mit "wir" meinte, bekam ich zur Antwort, dass es sich dabei um ihren Mann, ihre drei Hunde, ihre beiden Kinder und ihre im selben Haus lebende Mutter handelte. Ich versuchte immer wieder eine persönliche Reaktion aus ihr herauszulocken ? irgendeinen Hinweis auf ein "Ich" inmitten dieser allgemeinen Übereinstimmung. "Aber was ist mit Ihnen, wie denken Sie denn darüber?", fragte ich wiederholt. Sie antwortete: "Ja, wir sind der Meinung ..." Sie konnte einfach nicht "Ich" sagen. Es war ziemlich erschreckend. Sie schien überhaupt kein Gefühl für sich selbst als ein eigenständiges Wesen zu haben. Exzentrisch und unkonventionell, ja das war sie. Aber individuell? Nein.
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